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Hemmschwellen für Sanierungsvorhaben in WEG beseitigen mit One-Stop-Shops

Das Eigenheim zu sanieren ist ein aufwändiges, anstrengendes und teures Unterfangen, das Alltag und Routine der Bewohner für längere Zeit umschmeißt. Vor allem dieser Eindruck herrscht vor, wenn sich Eigentümer*innen mit dem Thema befassen, wie sie Energie einsparen und ihr Eigentum zeitgemäß instand setzen können. Das führt nicht selten dazu, dass notwendige Entscheidungen aufgeschoben oder das Vorhaben gänzlich verworfen wird. Hinzu kommen Vorbehalte, weil es verschiedenste technische und bürokratische Voraussetzungen zu verstehen und zu beachten gilt.

Ungleich komplizierter wird die Situation, wenn mehrere Eigentümer*innen in Wohnungseigentümergemeinschaften eine Entscheidung für eine Sanierung ihres Gebäudes oder Wohnkomplexes treffen wollen. Dann kommen viele unterschiedliche Perspektiven, wirtschaftliche Situationen und persönliche Umstände zusammen, und diese zu konsolidieren ist eine mitunter schwer lösbare Aufgabe. WEG haben zumeist eine Verwaltung an ihrer Seite, die die Interessen und Bedarfe der Eigentümer*innen koordiniert und betreut. In Bezug auf Sanierungen kommt der Verwaltung dann eine besondere Rolle und Verantwortung zu, denn ihr Überblick, ihre Vernetztheit und Kompetenzen haben maßgeblichen Einfluss darauf, ob und welche Sanierungsentscheidungen die WEG trifft.

Erhebungen und Erfahrungen aus verschiedenen EU-Ländern in den letzten Jahren legen nahe: Eigentümer*innen – ob sie Einzeleigentum besitzen oder in einer WEG organisiert sind – fällt es leichter, sich mit dem Thema der Sanierung zu beschäftigen und eine Entscheidung für ein solches Vorhaben zu treffen, wenn sie eine qualifizierte Anlaufstelle für ihre Fragen und ihren Klärungsbedarf haben. Dabei geht es nicht nur darum, Expertise und Beratung einholen zu können. Vielmehr braucht es einen fachlich versierten Kümmerer, der alle Aspekte und Schritte des Sanierungsprozesses genau kennt und steuert, der Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten identifiziert und dem Eigentümer*innen oder der WEG die Belastungen durch Bürokratie, Papierkram, technische und rechtliche Details abnimmt. Im Falle von WEG  nimmt er auch der Verwaltung eine große Bürde ab und kann ihre Kapazitäten wesentlich und gezielt ergänzen.

Nicht nur im Sanierungssektor, auch in anderen Wirtschaftsbereichen wie in der Telekommunikation bilden sich seit einiger Zeit Unternehmen und Strukturen am Markt, die als solche neutralen, professionellen Kümmerer fungieren  – sogenannte One-Stop-Shops. Im Grunde soll mit diesem Begriff vor allem eines umschrieben werden: Hier gibt es alle Antworten rund um die Sanierung gebündelt aus einer Hand. One-Stop-Shops dienen als zentrale Kompetenzzentren, als Anlaufstelle für Sanierungswillige. Ein One-Stop-Shop-Unternehmen übernimmt – auch unter Hinzuziehung der erforderlichen Fachexperten – eine Bedarfsanalyse, entwickelt die technische und organisatorische Sanierungsplanung, schreibt die Sanierungsarbeiten aus und koordiniert Gewerke und Firmen auf der Baustelle. Es kümmert sich um die finanziellen Details und bindet Fördermöglichkeiten für die Eigentümer*innen und beauftragten Verwaltungen ein. Es unterstützt die WEG Schritt-für-Schritt bei der praktischen Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen.

Solche One-Stop-Shops werden deshalb immer wichtiger, weil sie den Sanierungsprozess für Eigentümer*innen und Verwalter erheblich erleichtern und Hemmnisse gezielt adressieren. Für die meisten Eigentümer*innen und WEG wird die umfassende Sanierung ihres Gebäudes eine Unternehmung sein, die sie nur einmal im Leben durchführen. Gerade deshalb sollten sie sich eine Expertise in Sachen Bauingenieurswesen oder technischen Sachverstand nicht selbst aneignen müssen – zumal der Großteil von Eigentümer*innen einen anderen beruflichen Hintergrund und keine Kapazitäten haben wird, zusätzlich noch die komplexe Materie „Sanierung“ zu durchdringen. Auch für eine WEG-Verwaltung wäre das eine große Herausforderung, die die meisten Verwaltungen nicht zusätzlich zu den sonstigen Aufgaben stemmen können.

Es ist unbedingt notwendig, in Sachen Gebäudesanierung weitreichend tätig(er) zu werden: Auf den Gebäudebereich entfallen gut 40 Prozent der Treibhausgasemissionen und die fortschreitende Erderwärmung zwingt uns insbesondere in diesem Sektor zum Handeln. Nicht nur in Deutschland sind die Sanierungsraten mit einem jährlichen Durchschnitt von deutlich unter zwei Prozent viel zu niedrig. Im Wohneigentum finden nochmals signifikant weniger Sanierungen statt. Vor dem Hintergrund der europäischen und internationalen Anstrengungen, die Erderwärmung einzudämmen und das Klima zu schützen, kommen künftig verpflichtende Vorgaben für Sanierungen auch von Privatwohngebäuden hinzu, die ein Handeln seitens der Wohneigentümer*innen und der WEG-Verwaltungen schon kurzfristig und zügig erforderlich machen werden.

Eine steigende Zahl von One-Stop-Shops für Gebäudesanierung (insbesondere im Wohneigentum) und eine zunehmende Bekanntheit des Geschäftsansatzes haben das Potenzial, zum game changer zu werden: Sie können Nachahmer auf Anbieter- und Kundenseite animieren, Sanierungsaktivitäten signifikant und messbar steigern und somit die Dekarbonisierung des Wohngebäudebestands beschleunigen. Sowohl auf Seiten der Europäischen Kommission als auch bei Wissenschaft und Wirtschaft erhält der Ansatz von One-Stop-Shops zunehmend Zuspruch und Unterstützung. Die Bildung und Verbreitung von One-Stop-Shops rückt somit auch auf die Agenda von Förderprogrammen, von denen einige wie Horizon 2020 oder Interreg die Integration oder Umsetzung des Ansatzes bereits als vorteilhaft für eine Förderung und für erfolgreiche Projekte wie ProRetro (https://proretro.eu/de/) nennen.

In den kommenden GREEN HOME Newslettern schauen wir gemeinsam über den Tellerrand und stellen Praxisbeispiele für die Umsetzung von Sanierungen und die Steigerung von Sanierungsquoten im Wohneigentum vor: One-Stop-Shops machen den Anfang für die Reihe über sogenannten „Good Practices“ aus verschiedenen europäischen Ländern.  

IWO e.V.