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Möglichkeiten zur Finanzierung von Gebäudesanierungsprojekten in der EU

05.04.2023

Eine tiefgreifende Gebäudesanierung kann auf viele Arten finanziert werden. Die zunehmende Besorgnis der Bürger*innen über die Energierechnungen eröffnet dem Finanzsektor die Möglichkeit, verschiedene Finanzierungsmechanismen zur Finanzierung von Renovierungsprojekten anzubieten. Gegenwärtig ist ein beliebter Weg zur Finanzierung dieser Projekte die Verwendung von Zuschüssen, die in der Regel zwischen 10 und 60 % betragen und als attraktive Möglichkeit angesehen werden. Es ist jedoch anzumerken, dass die öffentlichen Finanzierungskapazitäten begrenzt und unzureichend sind, um den tatsächlichen Bedarf an Gebäuderenovierungen zu decken, der EU-weit auf rund 275 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt wird, um die für 2030 festgelegten Ziele zu erreichen.

Eigentümer*innen können nicht erwarten, dass, sobald sie sich zur Renovierung ihres Gebäudes entschließen, ein Förderprogramm zur Verfügung steht, oder ein neues Förderprogramm entsteht, wenn sie noch mit der Renovierung warten. In Anbetracht der neuesten Regulierungsinstrumente der Europäischen Kommission, die Renovierungsverpflichtungen vorsehen, ist es für Immobilienbesitzende ratsam, eher früher als später zu handeln.

Eine weitere gängige Finanzierungsform ist das Bankdarlehen, welches Zuschüsse zulässt und in der EU in der Regel eine Laufzeit von bis zu 20 Jahren hat (während in Deutschland eher eine Laufzeit von durchschnittlich 5 bis 8 Jahren üblich ist). Einige Banken können diese Darlehen als so genannte grüne Darlehen strukturieren. Diese grünen Darlehen zeichnen sich dadurch aus, dass die Kunden ein Darlehen zu etwas niedrigeren Zinssätzen als Standarddarlehen nutzen können. In diesen Fällen muss das Projekt die von der Bank festgelegten Bedingungen in Bezug auf die erzielten Einsparungen erfüllen.

Nicht nur Banken, sondern auch nationale Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen können angesichts der wachsenden Nachfrage Darlehen speziell für die Gebäuderenovierung anbieten, die auch dadurch gefördert werden können, dass sie als sogenanntes „Finanzinstrument von der Stange” und somit die Finanzierungskosten für die Endnutzer*innen senken. Diese Instrumente sehen eine Unterstützung aus dem ESIF-Programm vor und haben den finanziellen Vorteil, dass sie in Form einer Zinsreduzierung vollständig an die Endempfänger weitergegeben werden können. Ein Beispiel hierfür sind die Darlehen der Litauischen Agentur für die Entwicklung öffentlicher Investitionen, die speziell für  die Renovierung von Gebäuden angeboten werden. Auf dessen Grundlage wurde ein Standardfinanzierungsinstrument mit dem Namen „Renovierungsdarlehen“ entwickelt, das in jedem Mitgliedstaat eingesetzt werden kann.

Eine weitere unkonventionelle Methode ist die Aufnahme eines Darlehens von einer Stadtverwaltung, wenn diese das PACE-Darlehensprogramm (Property Assessed Clean Energy) eingeführt hat. Bei diesem Darlehen gibt die Gemeinde Anleihen aus und wirbt Investor*innen an, woraufhin die Gemeinde in ihrem Gebiet Darlehen ausgibt, die als Teil der Grundsteuer zurückgezahlt werden. Diese sind allerdings aufgrund der Komplexität der Vorschriften und Vorgaben nicht sehr beliebt.

Die Gebäudeeigentümer*innen zahlen das Darlehen durch eine zusätzliche „Umlage“-Sonderzahlung auf die Grundsteuerrechnung für eine bestimmte Laufzeit zurück. Diese „Veranlagungen“ sind mit Krediten vergleichbar, da die Immobilieneigentümer*innen ihre Schulden in Raten über einen Zeitraum von mehreren Jahren abbezahlt, rechtlich jedoch nicht als solche gelten. Bei einem Eigentümerwechsel der Immobilie geht die Restschuld mit der Immobilie auf den neuen Eigentümer über. Mit anderen Worten, die PACE-Finanzierung ist ein von einer Kommunalverwaltung eingerichteter Mechanismus, mit dem Immobilieneigentümer*innen Energieeffizienz- und erneuerbare Energiemaßnahmen über eine zusätzliche Steuer auf ihre Immobilie finanzieren. Die „Umlage“ zahlen die Grundstückseigentümer über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren durch eine Erhöhung ihrer Grundsteuerrechnungen zurück. Das PACE-Konzept wird durch das EUROPACE-Projekt an Europa angepasst. Wie bei PACE besteht der innovative Charakter des EUROPACE-Mechanismus darin, dass die Finanzierung an die für eine Immobilie gezahlten Steuern gekoppelt ist. Mit anderen Worten, die von einem privaten Investor gewährte Finanzierung wird durch Grundsteuern und andere mit den Gebäuden verbundene Abgaben zurückgezahlt. Der EUROPACE-Mechanismus richtet auch einen One-Stop-Shop ein, indem er mehrere Interessengruppen in den Prozess einbezieht: lokale Regierungen, Investoren, Geräteinstallateure und Hausbesitzer*innen.

Manchmal werden auch steuerliche Anreize genutzt, um die von Verbraucher*innen oder Unternehmen zu zahlenden Steuern für Investitionen in die Energieeffizienz zu senken. Beispiele hierfür sind der Superbonus 110 in Italien, die Hausbesitzer*innen eine Steuergutschrift von bis zu 110 % (ab 2023 90 %) auf die Kosten für die Modernisierung ihrer Immobilie gewährt, oder die französische Regelung für eine ermäßigte Mehrwertsteuer auf Renovierungsarbeiten in Wohngebäuden (10 % und 5,5 % anstelle des normalen Satzes von 20 %).

Es sollte darauf hingewiesen werden, dass diese Instrumente oft nicht über einen kontinuierlichen Mess- und Überprüfungsprozess für die Projektergebnisse verfügen, was bedeutet, dass die Leistung im Laufe der Zeit nicht berücksichtigt wird. Um dauerhafte Ergebnisse, zufriedene Bürger*innen und langfristige Auswirkungen auf den Energieverbrauch und somit den Grad der Energieabhängigkeit sicherzustellen, sollten solche Prozesse mitgedacht werden.

Eine weitere gängige Form der Finanzierung der Renovierung von Mehrfamilienhäusern ist die Finanzierung „auf Rechnung“(On-Bill-Modelle). On-Bill-Modelle (OBM) sind eine Methode zur Finanzierung von Investitionen in energetische Sanierung, die Energierechnungen als Rückzahlungsmittel verwendet. Aufgrund niedrigerer Ausfallraten bieten On-Bill-Modelle eine risikoarme Finanzierungsmöglichkeit für Investoren (siehe Webinar des Projekts RenOnBill). OBM können in zahlreiche Arten gruppiert werden je nachdem, wer der Investor ist. Das bedeutet, dass das

  • Programm als Rechnungsfinanzierung betrachtet werden kann, wenn der Investor das Versorgungsunternehmen ist, oder
  • Als Rückzahlung auf Rechnung, wenn der Investor eine dritte Partei wie eine Bank ist.
  • Sie können auch auf Grundlage der Übertragung des Eigentums an den Schulden gruppiert werden, d. h. es kann sich um ein Forward-Darlehen handeln, wenn das Eigentum an den Schulden nicht übertragen wird, wenn der Wohnungseigentümer die Wohnung verkauft, oder
  • um einen On-Bill-Tarif, bei dem die Verpflichtungen an die Immobilie abgetreten werden und somit auf den neuen Eigentümer übergehen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Finanzierung des Projekts durch das Modell des Energieleistungsvertrags Plus (EPC+), bei dem der Renovierungsdienstleister die Durchführung des Projekts vorfinanziert und dann während der Vertragslaufzeit eine Rückzahlung aus den Energieeinsparungen erhält. EPC+ Modelle haben heutzutage viele ergänzende Instrumente wie Refinanzierung nach der Projektdurchführung, z.B. das LABEEF- Modell. Dieses Modell wird bereits in Polen im Rahmen des Prioritätsprogramms des polnischen Nationalen Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft umgesetzt, während die Refinanzierung vom polnischen Entwicklungsfonds angeboten wird.

Das GREEN Home Konsortium arbeitet mit Interessenvertreter*innen in Deutschland zusammen, um diese und andere Finanzierungsinstrumente zu analysieren und ein optimales Finanzierungsinstrument für Deutschland zu entwickeln.