Umkehrhypotheken als Möglichkeit für energetische Sanierungen
In den kommenden Jahren stehen für viele Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) energetische Sanierungen an. Die EU und Deutschland haben sich dabei ehrgeizige Klimaziele gesetzt bei der die Dekarbonisierung des Gebäudesektors eine zentrale Rolle spielt. Auch wenn energetische Maßnahmen dringend notwendig sind, steht natürlich immer auch die Finanzierungsfrage in der WEG mit im Raum. Oft stehen dabei Senioren vor finanziellen Herausforderungen, da ihr Kapital größtenteils im Wohneigentum gebunden ist und herkömmliche Kreditoptionen bei Banken aufgrund langer Laufzeiten nur selten verfügbar sind.
Dabei ist die Bedeutung energetischer Sanierungen heute größer denn je: Neben ihrem Beitrag zum Klimaschutz rücken zunehmend dabei auch finanzielle Gesichtspunkte in den Fokus. In den kommenden Jahren werden die Heizkosten neben anderen Faktoren auch aufgrund der CO2-Bepreisung ansteigen, was energetische Sanierungen zu langfristig unverzichtbaren Investitionen macht. Gleichzeitig bestimmt der energetische Zustand zunehmend den Wert der Immobilie.
Umkehrhypotheken in Großbritannien und USA
In Großbritannien und den USA sind Umkehrhypotheken (engl.: Reverse Mortgage) bei älteren Menschen ein häufig genutztes Verfahren, um gebundenes Vermögen freizusetzen, ohne Wohneigentum verkaufen oder gar ausziehen zu müssen. Dabei wird ein Teil der Immobilie von der Bank beliehen und als Kredit ausgezahlt. Anfallende Zinszahlungen summieren sich mit der Zeit auf die Kreditsumme, ohne dass Tilgungen oder Zinszahlungen vorgenommen werden. Erst beim Auszug aus der Immobilie oder dem Versterben wird der Kredit fällig, welcher dann von den Erben, oder durch den Verkauf der Immobilie beglichen werden kann.
Situation in Deutschland
In Deutschland sind Umkehrhypotheken aus verschiedenen Gründen nicht verfügbar: Zum einen ist das deutsche Rentensystem vergleichsweise robust und bietet eine gewisse finanzielle Sicherheit im Alter. Zum anderen erfordert das Zinseszinsverbot, dass Banken komplexere Ansätze für Umkehrhypotheken mit Sicherheitsabschlägen entwickeln. Darüber hinaus ist die Eigentümerquote in Deutschland niedriger und kulturbedingt haben viele Menschen Bedenken, ihre bereits abbezahlte Immobilie erneut zu beleihen.
Seit einigen Jahren bietet die Allianz Lebensversicherung AG sowie einige Sparkassen jedoch ein vergleichbares Produkt für ältere Menschen mit Immobilienbesitz an. Voraussetzung ist eine lastenfreie Immobilie, die vom Eigentümer bewohnt wird. Bis zu 40% des Immobilienwerts können als Kredit zu den üblichen Zinssätzen ausgezahlt werden. Im Gegensatz zur Umkehrhypothek werden diese Zinsen jedoch monatlich vom Kreditnehmer beglichen, wodurch die Kredithöhe konstant bleibt und nicht wie bei der Umkehrhypothek anwächst. Darüber hinaus wird der Kredit erst getilgt, wenn die Eigentümer aus der Immobilie ausziehen oder versterben.
Ausblick
Produkte wie diese können ein wichtiges Puzzleteil bei der Finanzierung von umfangreichen energetischen Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften spielen. In einer alternden Gesellschaft ist es wichtig, solche Finanzierungsmodelle weiterzuentwickeln, damit Sanierungen aus dem Wert bzw. der Wertsteigerung der Immobilie finanziert werden können.
Bisher liegt die Sanierungsquote von Gebäuden von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) mit unter 0,5 Prozent weit unter dem Bundesdurchschnitt und der Quote, die zur Erreichung der Klimaziele notwendig wäre. Um Klimaneutralität im Gebäudesektor zu erreichen, muss die Sanierungsrate in Deutschland mindestens 2% erreichen[1].
Das Projekt GREEN Home hat zum Ziel, die Sanierungsquote im Gebäudebestand von WEG zu erhöhen. Dabei dient das Projekt der Entwicklung praxistauglicher Instrumente für die Umsetzung und Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum von Einzeleigentümerinnen und Einzeleigentümern. Die Umsetzung der genannten Projektziele zur Förderung der Energieeffizienz im Wohngebäudebereich verbindet verschiedene Stakeholder-Gruppen und damit Organisationen, Personengruppen oder auch Einzelpersonen und ist auf deren Beteiligung angewiesen. Das Projekt hat bereits runde Tische in den Ziel-Bundesländern Brandenburg/Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg durchgeführt und dabei Hemmnisse von WEG analysiert und identifiziert, die Sanierungen im Wege stehen.
Um den identifizierten Bedürfnissen von WEG nachzukommen, modelliert das Projekt gemeinsam mit relevanten Stakeholdern, wie Verwaltenden, Finanzierenden und Energiedienstleistungsunternehmen, derzeit konkrete Lösungen. Anhand folgender Fragestellungen wurden in den letzten Workshops Ideen generiert: Wie können langfristige Sanierungen angestoßen werden? Wie können die entsprechenden Fachexperten und -expertinnen gefunden werden? Wie können die Informationen zu Sanierung und Finanzierung für die Eigentümer*innen verständlich aufbereitet werden? Welche Sanierungsmodelle können Energiedienstleistungsunternehmen WEG anbieten?
Dabei hat sich herauskristallisiert, dass häufig die Anbahnungsphase der Sanierung ein zentrales Thema ist. Eine Lösung dafür ist ein Online-Tool, welches Verwaltende nutzen können, um Informationen simpel und schnell an alle Eigentümer*innen weitergeben zu können. Eine Kostengegenüberstellung vor und nach der Sanierung ist dabei gefragt, aber auch eine vereinfachte Darstellung des Sanierungsfahrplans. Eine externe Moderation, die die Verwaltenden bei der Übermittlung des fachlichen Wissens unterstützen und so Entscheidungen erleichtern kann, kann ebenfalls zu einer vermehrten Sanierungsentscheidung in WEG führen. Die Vernetzung von Sanierungsunternehmen und WEG durch ein Vermittlungswebseite in Verbindung mit „Best-Practice“-Beispielen, soll das Vertrauen in die Sanierungsumsetzung stärken. Energiedienstleistungen können durch Varianten Ihres Angebots Sanierungen in WEG teilweise gebündelt umsetzen, was wiederum die Organisation der Verwaltungen entlasten würde. Darlehen für WEG erleichtern die Finanzierung von Sanierungen, da die Risiken einer gesamten WEG betrachtet werden. Dennoch haben wir auch hier geprüft, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten, um alle Hemmnisse aus dem Weg zu schaffen.
Um die Ergebnisse zu konkretisieren, und sie für WEG anwendbar zu machen, benötigen wir Rückmeldung von relevanten Akteuren des Marktes wie Ihnen. Kommen Sie gerne bei dem nächsten GREEN Home Workshop im November in Berlin vorbei!
Falls Sie diesen Schritt überspringen möchten und gerne schon direkt in die Umsetzung mit Ihrem WEG-Gebäude gehen wollen, möchte das Projekt GREEN Home Sie gerne dabei begleiten. Melden Sie sich gerne per E-Mail bei Valentina Fröhlich (DENEFF) mit folgenden Daten:
05.04.2023
Eine tiefgreifende Gebäudesanierung kann auf viele Arten finanziert werden. Die zunehmende Besorgnis der Bürger*innen über die Energierechnungen eröffnet dem Finanzsektor die Möglichkeit, verschiedene Finanzierungsmechanismen zur Finanzierung von Renovierungsprojekten anzubieten. Gegenwärtig ist ein beliebter Weg zur Finanzierung dieser Projekte die Verwendung von Zuschüssen, die in der Regel zwischen 10 und 60 % betragen und als attraktive Möglichkeit angesehen werden. Es ist jedoch anzumerken, dass die öffentlichen Finanzierungskapazitäten begrenzt und unzureichend sind, um den tatsächlichen Bedarf an Gebäuderenovierungen zu decken, der EU-weit auf rund 275 Mrd. EUR pro Jahr geschätzt wird, um die für 2030 festgelegten Ziele zu erreichen.
Eigentümer*innen können nicht erwarten, dass, sobald sie sich zur Renovierung ihres Gebäudes entschließen, ein Förderprogramm zur Verfügung steht, oder ein neues Förderprogramm entsteht, wenn sie noch mit der Renovierung warten. In Anbetracht der neuesten Regulierungsinstrumente der Europäischen Kommission, die Renovierungsverpflichtungen vorsehen, ist es für Immobilienbesitzende ratsam, eher früher als später zu handeln.
Eine weitere gängige Finanzierungsform ist das Bankdarlehen, welches Zuschüsse zulässt und in der EU in der Regel eine Laufzeit von bis zu 20 Jahren hat (während in Deutschland eher eine Laufzeit von durchschnittlich 5 bis 8 Jahren üblich ist). Einige Banken können diese Darlehen als so genannte grüne Darlehen strukturieren. Diese grünen Darlehen zeichnen sich dadurch aus, dass die Kunden ein Darlehen zu etwas niedrigeren Zinssätzen als Standarddarlehen nutzen können. In diesen Fällen muss das Projekt die von der Bank festgelegten Bedingungen in Bezug auf die erzielten Einsparungen erfüllen.
Nicht nur Banken, sondern auch nationale Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen können angesichts der wachsenden Nachfrage Darlehen speziell für die Gebäuderenovierung anbieten, die auch dadurch gefördert werden können, dass sie als sogenanntes „Finanzinstrument von der Stange” und somit die Finanzierungskosten für die Endnutzer*innen senken. Diese Instrumente sehen eine Unterstützung aus dem ESIF-Programm vor und haben den finanziellen Vorteil, dass sie in Form einer Zinsreduzierung vollständig an die Endempfänger weitergegeben werden können. Ein Beispiel hierfür sind die Darlehen der Litauischen Agentur für die Entwicklung öffentlicher Investitionen, die speziell für die Renovierung von Gebäuden angeboten werden. Auf dessen Grundlage wurde ein Standardfinanzierungsinstrument mit dem Namen „Renovierungsdarlehen“ entwickelt, das in jedem Mitgliedstaat eingesetzt werden kann.
Eine weitere unkonventionelle Methode ist die Aufnahme eines Darlehens von einer Stadtverwaltung, wenn diese das PACE-Darlehensprogramm (Property Assessed Clean Energy) eingeführt hat. Bei diesem Darlehen gibt die Gemeinde Anleihen aus und wirbt Investor*innen an, woraufhin die Gemeinde in ihrem Gebiet Darlehen ausgibt, die als Teil der Grundsteuer zurückgezahlt werden. Diese sind allerdings aufgrund der Komplexität der Vorschriften und Vorgaben nicht sehr beliebt.
Die Gebäudeeigentümer*innen zahlen das Darlehen durch eine zusätzliche „Umlage“-Sonderzahlung auf die Grundsteuerrechnung für eine bestimmte Laufzeit zurück. Diese „Veranlagungen“ sind mit Krediten vergleichbar, da die Immobilieneigentümer*innen ihre Schulden in Raten über einen Zeitraum von mehreren Jahren abbezahlt, rechtlich jedoch nicht als solche gelten. Bei einem Eigentümerwechsel der Immobilie geht die Restschuld mit der Immobilie auf den neuen Eigentümer über. Mit anderen Worten, die PACE-Finanzierung ist ein von einer Kommunalverwaltung eingerichteter Mechanismus, mit dem Immobilieneigentümer*innen Energieeffizienz- und erneuerbare Energiemaßnahmen über eine zusätzliche Steuer auf ihre Immobilie finanzieren. Die „Umlage“ zahlen die Grundstückseigentümer über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren durch eine Erhöhung ihrer Grundsteuerrechnungen zurück. Das PACE-Konzept wird durch das EUROPACE-Projekt an Europa angepasst. Wie bei PACE besteht der innovative Charakter des EUROPACE-Mechanismus darin, dass die Finanzierung an die für eine Immobilie gezahlten Steuern gekoppelt ist. Mit anderen Worten, die von einem privaten Investor gewährte Finanzierung wird durch Grundsteuern und andere mit den Gebäuden verbundene Abgaben zurückgezahlt. Der EUROPACE-Mechanismus richtet auch einen One-Stop-Shop ein, indem er mehrere Interessengruppen in den Prozess einbezieht: lokale Regierungen, Investoren, Geräteinstallateure und Hausbesitzer*innen.
Manchmal werden auch steuerliche Anreize genutzt, um die von Verbraucher*innen oder Unternehmen zu zahlenden Steuern für Investitionen in die Energieeffizienz zu senken. Beispiele hierfür sind der Superbonus 110 in Italien, die Hausbesitzer*innen eine Steuergutschrift von bis zu 110 % (ab 2023 90 %) auf die Kosten für die Modernisierung ihrer Immobilie gewährt, oder die französische Regelung für eine ermäßigte Mehrwertsteuer auf Renovierungsarbeiten in Wohngebäuden (10 % und 5,5 % anstelle des normalen Satzes von 20 %).
Es sollte darauf hingewiesen werden, dass diese Instrumente oft nicht über einen kontinuierlichen Mess- und Überprüfungsprozess für die Projektergebnisse verfügen, was bedeutet, dass die Leistung im Laufe der Zeit nicht berücksichtigt wird. Um dauerhafte Ergebnisse, zufriedene Bürger*innen und langfristige Auswirkungen auf den Energieverbrauch und somit den Grad der Energieabhängigkeit sicherzustellen, sollten solche Prozesse mitgedacht werden.
Eine weitere gängige Form der Finanzierung der Renovierung von Mehrfamilienhäusern ist die Finanzierung „auf Rechnung“(On-Bill-Modelle). On-Bill-Modelle (OBM) sind eine Methode zur Finanzierung von Investitionen in energetische Sanierung, die Energierechnungen als Rückzahlungsmittel verwendet. Aufgrund niedrigerer Ausfallraten bieten On-Bill-Modelle eine risikoarme Finanzierungsmöglichkeit für Investoren (siehe Webinar des Projekts RenOnBill). OBM können in zahlreiche Arten gruppiert werden je nachdem, wer der Investor ist. Das bedeutet, dass das
Eine weitere Möglichkeit ist die Finanzierung des Projekts durch das Modell des Energieleistungsvertrags Plus (EPC+), bei dem der Renovierungsdienstleister die Durchführung des Projekts vorfinanziert und dann während der Vertragslaufzeit eine Rückzahlung aus den Energieeinsparungen erhält. EPC+ Modelle haben heutzutage viele ergänzende Instrumente wie Refinanzierung nach der Projektdurchführung, z.B. das LABEEF- Modell. Dieses Modell wird bereits in Polen im Rahmen des Prioritätsprogramms des polnischen Nationalen Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft umgesetzt, während die Refinanzierung vom polnischen Entwicklungsfonds angeboten wird.
Das GREEN Home Konsortium arbeitet mit Interessenvertreter*innen in Deutschland zusammen, um diese und andere Finanzierungsinstrumente zu analysieren und ein optimales Finanzierungsinstrument für Deutschland zu entwickeln.
11.04.2023
Aktuelle Entwicklungen in der europäischen Politik zur EPBD
Das EU-Parlament hat am 14. März 2023 seine Position zur Novelle der europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) festgelegt. Ein essenzieller Baustein der Richtlinie ist die Einführung von Mindest-Effizienzstandards für die schlechtesten Bestandsgebäude (MEPS), die hiermit nun alle EU-Institutionen befürworten. Die drei Institutionen EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat werden nun in einem Trilog die Details der Ausgestaltung abstimmen.
Das Votum ist insbesondere ein Zeichen in Richtung Mitgliedsstaaten, und so auch in Richtung Deutschland. Da der Trilog noch aussteht sind die Vorgaben für die MEPS vorläufig und die Ausgestaltung noch unklar.
Mit dieser Richtlinie der EU wird auch die Bundesregierung ihr Gesamtkonzept zur Erreichung der Klimaneutralität des Gebäudesektors und bezahlbare Wärme durch entsprechende gesetzliche Neuregelungen weiterverfolgen. Geplant ist u.a. die Festlegung konkreter Kriterien für notwendige energetische Sanierungen im Gebäudesektor als ein Tool zu einer Verringerung von Emissionen.
In Deutschland haben insbesondere Gebäude von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) enorme Emissionseinsparungspotenziale: 66% aller Mehrfamilienhäuser wurden vor der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 gebaut (Institut f. Wohnen und Umwelt, Darmstadt). Damit energetische Sanierungen in WEG-Gebäuden umgesetzt werden können, benötigt es bessere WEG-spezifische gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen, die leicht zugänglich sind, damit diese effektiv genutzt werden können.
Absehbar ist bereits, dass die MEPS eingeführt werden, damit die schlechtesten Bestandsgebäude als erstes in Angriff genommen werden müssen. Abwarten kann dabei riskant sein- denn inwiefern die Förderprogramme, die Eigentümer*innen bei Sanierungen unterstützen, weiter so gut ausgestattet bleiben, wird sich in den kommenden Bundeshaushaltsdebatten zeigen.
Wie wird die EPBD in nationales Recht umgesetzt?
Aktuelle Entwicklungen auf deutscher Ebene: Die 2. Novelle des Gebäudeenergiegesetzes:
Für die deutsche Bundesregierung stellt laut Koalitionsvertrag die Energiewende im Wärmesektor einen Schlüsselbereich für die Erreichung der klimapolitischen Ziele dar. Dabei soll ein zügiges Umsteuern im Bereich der Gebäudewärme ein zentraler Baustein sein. Mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien soll ab 1. Januar 2024 jede neue oder auszutauschende Heizung betrieben werden. Dies geht aus dem Entwurf der zuständigen Ministerien für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hervor, der sich momentan in der Verbändeanhörung befindet. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll die 2. Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) verabschiedet werden.
Nachdem sich die Ampelregierung nach längerem Ringen auf diverse Entschärfungen hinsichtlich zugelassener Ausnahmen geeinigt hat, wird die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes erst nach dem parlamentarischen Gesetzgebungsprozess eindeutig feststehen.
Zur Erreichung der Klimaschutzziele ist jedoch bereits jetzt klar, dass Heizkessel längstens bis zum 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden dürfen. Auch Gaskessel sind dann nur noch zulässig, wenn sie zu 100 Prozent mit „grünen Gasen“ betrieben werden. Laut Entwurf setzt die Bundesregierung alternativ vor allem auf einen Ausbau von Fernwärmenetzen und Wärmepumpen, ergänzt durch geothermische Systeme und Solarthermie.
Strukturbedingt werden die geplanten Neuregelungen insbesondere in Wohnungseigentümergemeinschaften einen langen Entscheidungsweg nach sich ziehen. Besonderheiten für das Vorgehen in Wohnungseigentümergemeinschaften, die (teilweise) noch über dezentrale Etagenheizungen verfügen, werden daher in einer eigenen Norm detailliert beschrieben, um Umsetzungskonzepte langfristig planen zu können. Nach einer ersten Überarbeitung sind die Fristen dazu auf bis zu 13 Jahre für eine entsprechende Umstellung der Heizungsanlage gestreckt worden.
Unklar ist derzeit noch, wie eine sozial gerechte Umsetzung der Pläne und eine entsprechende Förderung für die Heizungserneuerung aussehen soll, die mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden und voraussichtlich Teil der Richtlinien des Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) werden sollen.
Es bleibt also abzuwarten, mit welchem konkreten Regelungsinhalt das Gebäudeenergiegesetzes (GEG) untermauert mit einer entsprechenden Fördersystematik in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) in Kraft treten wird.
Schließlich ist angekündigt, dass im Jahr 2024 noch eine 3. Novelle des GEG kommen wird, in der die Vorgaben der in Kraft getretenen EPBD eingebaut werden sollen (wie z.B. MEPS und Solarpflicht).
Über 96 Prozent der Immobilienverwaltungen sehen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) nicht in der Lage umfassende energetische Sanierungen vorzunehmen. 87 Prozent der Verwaltungen schätzen zudem, dass die Erhaltungsrücklagen nicht ausreichen, um ältere Heizungen auszutauschen. Weit über 90 Prozent der Verwaltungen gehen weiter davon aus, dass Eigentümer nicht in der Lage sein werden, deutlich höhere Rücklagen zu leisten oder sogenannte Sonderumlagen zahlen zu können. Dies sind nur einige Ergebnisse einer Blitzumfrage des VDIV Deutschland bei rund 1.600 Immobilienverwaltungen anlässlich der Diskussionen rund um die energetische Sanierung des Wohngebäudebestandes.
Die angekündigten Novellierungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sowie der EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) zeigen: Der finanzielle Aufwand für energetische Sanierung im Gebäudebestand wird weiter steigen. Wenn z. B. die 65-Prozent-EE-Vorgabe – d. h. ab 2024 eingebaute Heizungen müssen zu mind. 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden – oder die EU-Forderung nach Energieeffizienzklasse D als Mindeststandard für alle Gebäude bis 2033 umgesetzt werden sollen, müssen Gebäudeeigentümer deutlich mehr investieren und sanieren als bisher angenommen.
Blitzumfrage liefert ernüchternde Zahlen
Um herauszufinden, ob WEG solche Maßnahmen überhaupt finanzieren können, hat der VDIV Deutschland im März dieses Jahres eine Blitzumfrage bei rund 1.600 Unternehmen durchgeführt. Das Ergebnis: Die befragten Immobilienverwaltungen geben mit großer Mehrheit (96 Prozent) an, dass die Rücklagen in den von ihnen betreuten Wohnungseigentümergemeinschaften nicht hoch genug seien, um die Wohngebäude umfassend energetisch sanieren zu können. 88 Prozent der befragten Immobilienverwaltungen geben an, vor dem Hintergrund zukünftiger Sanierungsaufgaben, den Gemeinschaften eine Erhöhung der Erhaltungsrücklagenzahlungen vorzuschlagen. Im Durchschnitt soll die Erhöhung bei rund 59 Prozent liegen. Gleichzeitig sehen mehr als 90 Prozent die Gefahr, dass einzelne Eigentümerinnen und Eigentümer finanziell nicht in der Lage sein werden, deutlich höhere Rücklagen bzw. eine entsprechende Sonderumlage zu zahlen.
85 Prozent der befragten Unternehmen gaben zudem an, über zu wenig Personal zu verfügen, um energetische Sanierungsmaßnahmen begleiten und umsetzen zu können. Über 58 Prozent gehen davon aus, dass ihr Unternehmen dafür nicht ausreichend qualifiziert ist und begründen dies mit dem entsprechend fehlendem Fachpersonal.
Was ist zu tun?
„Die Ergebnisse sind alarmierend. In Zeiten steigender Zinsen und hoher Inflation kommen die Sanierungspläne der Bundesregierung zur Unzeit. Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass Wohnungseigentümer die finanziellen Mittel nicht aufbringen können. Am Ende steht womöglich der Notverkauf des lang ersehnten Eigentums“, so VDIV Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaßler.
„Der Einbau eines neuen Heizsystems macht zudem nur Sinn, wenn dieser in ein energetisches Gesamtkonzept des Wohngebäudes integriert wird. Ein entsprechend kostenfrei zur Verfügung stehender Sanierungsfahrplan, wie im Koalitionsvertrag 2021 angekündigt, würde die dann zu erwartenden Kosten benennen und zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Bis heute fehlt jedoch jegliche Umsetzung.“
„Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass an zwei Stellschrauben gedreht werden muss. Zum einen ist es notwendig, die Umsetzungszeiträume von GEG und EPBD zu strecken. Zum anderen müssen bestehende Förderprogramme und Zuschüsse deutlich aufgestockt und neue steuerliche Abschreibmodelle aufgelegt werden. Insoweit bleibt abzuwarten, ob die kürzliche Ankündigung der Bundesregierung, bei dieser Mammutaufgabe tatsächlich „niemanden im Stich“ lassen zu wollen, Realität werden wird“, so VDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler abschließend.
Die Ergebnisse der Umfrage können Sie hier kostenfrei abrufen:
Zum Hintergrund
Rund 10 Millionen Wohnungen, etwa 23 Prozent aller Wohnungen in Deutschland, liegen in Wohnungseigentümergemeinschaften. Bereits 1977 gab sich Deutschland mit der Wärmeschutzverordnung (WSVO), die maximal zulässige Wärmedurchgangskoeffizienten für Außenbauteile festlegte, erste rechtliche Richtlinien für den Klimaschutz in Gebäudebestand. Seitdem hat es regelmäßig Aktualisierungen und neue Vorschriften gegeben – zuletzt durch Ukraine-Krieg und Klimakrise so häufig und gleichzeitig kurzfristig in der Umsetzung wie nie zuvor. Diese sorgen für große Herausforderungen für den Gebäudebestand, der zu ca. 36 Prozent unsaniert, zu ca. 51 Prozent teilsaniert und nur zu etwa 4 Prozent vollsaniert ist (rund 8 Prozent sind Neubau). Die Sanierungsrate liegt seit 2005 praktisch unverändert bei etwa 1 Prozent pro Jahr, in WEG noch deutlich darunter.
27.09.2022
Die Finanzierung von Energiespar- und Energieeffizienzmaßnahmen stellt für viele WEG eine große Herausforderung dar – Dienstleister, die Umsetzung und Finanzierung stemmen, können Abhilfe schaffen. Als langjähriger Experte auf dem Gebiet der Finanzierung von Energieeffizienzmaßnahmen für Mehrfamilienhäuser kennt Nicholas Stancioff – Gründer von Funding for Future – die Herausforderungen rund um das Thema umfassender energetischer Sanierungen bei Wohnungseigentümergemeinschaften. Er spricht über das Energiesparcontracting als eine Lösung zur Steigerung der Energieeffizienz. Ein Gespräch über Erfolgsbeispiele.
Kristina Eisfeld: Herr Stancioff, Sie haben das BEEF-Modell für die Finanzierung von umfassenden Energieeffizienzsanierungen entwickelt. Was ist das BEEF Model und wie hilft es Wohnungseigentümergemeinschaften bei der Finanzierung?
Das BEEF-Modell ist ein Finanzierungsinstrument. Es zeichnet sich dadurch aus, dass umfassende Sanierungen risikoarm durchgeführt werden können. Zudem ist es skalierbar und replizierbar, wodurch es möglich ist, den Gebäudebestand auf den Klimapfad zu bringen.
Das Hauptziel des Modells besteht darin, dEEp-Renovierungen („Deep Energy Efficiency Priority“) großflächig umzusetzen. Gleichzeitig werden die Risiken für Eigentümer verringert. Die Kerninnovation besteht darin, das Leistungsrisiko (also die Umsetzung der Sanierung) vom Zahlungsrisiko (der Zahlungsfähigkeit der WEG-Bewohnenden) zu trennen und gleichzeitig die Erfüllung bestimmter Ziele zu verlangen.
Per Definition müssen im BEEF-Modell Dienstleistungsunternehmen während der gesamten Vertragslaufzeit ihren Kunden die vereinbarten Leistungen (z.B. die Lieferung von Wärme) erbringen. Für die Bewältigung etwaiger Probleme sind die Dienstleister selbst verantwortlich und übernehmen dafür das Risiko. Dadurch belasten sie weder die Eigentümer noch die Darlehensgeber.
Das Zahlungsrisiko, also das Risiko, dass Eigentümer zahlungsunfähig sind, liegt jedoch nicht in der Verantwortung des Dienstleistungsunternehmens. Diese Verantwortung übernimmt BEEF.
Das ist möglich, weil Untersuchungen in Europa und den USA die Zahlungsdisziplin der Eigentümer belegen. Die Erfahrung von LABEEF – der Name des lettischen BEEF – zeigt eine hundertprozentige Zahlungsmoral – 95 % zahlen innerhalb von 30 Tagen.
Kristina Eisfeld: Warum ist es so schwierig, Wohnungseigentümergemeinschaften dazu zu bewegen, eine umfassende Renovierung ihrer Gebäude vorzunehmen?
Die Modernisierung eines Gebäudes ist ein komplizierter Prozess. Es geht um viele technische Fragen und viele Beteiligte, von denen jeder seine eigene Perspektive hat und seine eigenen Interessen verfolgt: Energieexperten, Architekten, Bauunternehmen, Ingenieurbüros, Bauleiter, Banken, politische Entscheidungsträger, Ausführende von Förderprogrammen usw. Was oft fehlt, ist ein erfahrener und motivierter zentraler Koordinator, der im Namen und für die WEG handelt.
Erschwerend kommt hinzu, dass Wohnungseigentümergemeinschaften keine homogenen Gruppen sind und die gemeinsame Entscheidungsfindung dementsprechend herausfordernd ist. Unterschiedliche Perspektiven und Interessen der Eigentümerinnen und Eigentümer sind zu berücksichtigen, andernfalls ist es einfacher, die Dinge so zu belassen, wie sie sind. Notwendig ist, gerade bei großen Investitionsentscheidungen, die Moderation der Willensbildungsprozesse in WEG.
Kristina Eisfeld: Warum haben Sie das BEEF-Modell entwickelt? Welche Herausforderungen werden damit angegangen?
Zunächst etwas Kontext: Mein Herz schlägt für den Naturschutz. Neben einem MBA habe ich Klimawissenschaften studiert. Ich bin von der Dringlichkeit des Handelns überzeugt. Ich habe meine eigenen Häuser renoviert. Als Banker bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung habe ich die Energieverschwendung in der Industrie und in Gebäuden aus erster Hand miterlebt. Ende der 90er Jahre schloss ich mich mit Begeisterung dem neuen Energie-Effizienz-Team der Bank an. Leider verließ ich es nach nur drei Monaten enttäuscht, da ich erkannte, dass weder die Bank noch die potenziellen Kunden von den Möglichkeiten, wie man Energieeffizienz erreichen könnte, überzeugt waren.
Seitdem habe ich mich immer gefragt, wie sich die Energieeffizienz in Gebäuden zu einem echten Geschäft entwickeln könnte. Die riesigen Herausforderungen ließen das lange unmöglich erscheinen. Um die wichtigsten zu nennen:
Jeder Aspekt des BEEF-Modells geht auf eine oder mehrere der oben genannten Herausforderungen ein: Überwachte und garantierte Energieeinsparungen zollen dem Energy-Efficiency-First Principle (1). Zudem wird durch die umfassende Sanierung der Instandhaltungsrückstand professionell adressiert sowie das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bewohner geschützt, bzw. verbessert. Auch die Herausforderung der langfristigen und damit günstigen Finanzierung wird durch das BEEF-Modell ermöglicht (4). Unternehmen, die das gleiche Modell immer wieder replizieren folgen dabei einer Lernkurve (5). Das BEEF legt den gesamten Prozess dar, mit dem Ziel stets im Blick: Erfolgreiche Projekte bestehen zu 90 % aus der Vorbereitung und zu 10 % aus der Durchführung: Unternehmen können sich auf das konzentrieren, was sie technisch gut können, und die Ergebnisse zur Zufriedenheit der Bewohner überwachen (6). Die Möglichkeiten sind enorm (7).
Kristina Eisfeld: Welche Vorteile bietet BEEF den beteiligten Vertragspartnern?
Die wichtigsten sind Skalierungsvorteile und Kostensenkungen. Die niedrige dEEp-Renovierungsrate macht es dringend erforderlich, die Sanierungsrate und Sanierungstiefe zu erhöhen. Um zu erreichen, dass WEG das BEEF Modell nutzen, müssen die Eigentümer/Bewohner einen klaren Nutzen in der Renovierung sehen.
Die Vorteile liegen jedoch bei allen Parteien. Der erste Vorteil ist eine einfachere und präzisere Art des Umgangs miteinander. Durch eine Plattform stellt jeder Akteur wichtige Informationen standardisiert bereit. Die Plattform verringert die Informationsasymmetrie: Sie ermöglicht es den Eigentümern, über dieselben Informationen zu verfügen, die Finanzierer können sich über Trends informieren und die Unternehmen können ihre Ergebnisse nachweisen. Sie wird unabhängig von einer NGO betrieben und bietet Vertrauen in die Qualität der Informationen.
Unser standardisiertes Verfahren wird auch die Zeit für die Entscheidungsfindung in der Anfangsphase verkürzen: Es senkt die Transaktionskosten und erhöht die Zahl der positiven Entscheidungen. In Lettland bewarben sich nach anfänglich 2 Gebäuden in drei Jahren; über 17 in den darauffolgenden zwei Jahren in derselben Nachbarschaft.
Kristina Eisfeld: Können Sie Einblick in konkrete Beispiele in Lettland geben?
LABEEF kann als umfassender Pilotversuch betrachtet werden, bei dem alle Aspekte des Finanzierungsinstruments getestet wurden:
Außerdem hat der Versuch bereits einige Nachahmer in Europa gefunden, unter anderem in Polen. NFOS – der Umwelt- und Abwasserfonds der polnischen Regierung hat ein Schwerpunktprogramm – EPC PLUS – aufgelegt. Die Slowakei und Rumänien bereiten ebenfalls Versionen vor.
Die DG Regio und die Europäische Investitionsbank empfehlen es inzwischen als Modell für politische Entscheidungsträger. [siehe hier: https://www.fi-compass.eu/content/innovative-forms-integrated-building-renovation-services]
Kristina Eisfeld: Welche Rahmenbedingungen sind erforderlich, damit das Modell umgesetzt werden kann?
Vor jedem Projekt und vor der Beantragung einer Finanzierung müssen die BEEF-Richtlinien mit den örtlichen Gesetzen übereinstimmen und die technischen Ziele für Sicherheit, Gesundheit und Komfort festgelegt werden.
Dank bestehender Studien und unserer eigenen Untersuchungen in Österreich, der Slowakei und Polen kommen wir zu dem Schluss, dass in Deutschland kein großer rechtlicher Aufwand erforderlich ist, um den BEEF-Rahmen zu entwickeln und die Regeln und Anforderungen der Wohnungseigentümergesellschaften zu erfüllen: Quoten, Abstimmungen, Rechnungsstellung usw.
Unsere Partner bei GREEN Home wären die idealen Partner, um das Instrument vom Konzept zur Realität zu machen.
Kristina Eisfeld: Wie könnte das BEEF-Modell auf Deutschland übertragen und hier angewendet werden? Sind dafür besondere Kenntnisse erforderlich?
Es sind keine besonderen Kenntnisse erforderlich.
Die BEEF-Leitlinien regeln die vertraglichen Abläufe bei einer dEEp-Renovierung. Das Instrument legt vor der Planung des Projekts die Verantwortlichkeiten jeder Partei fest und beschreibt, was geschehen wird. Darüber hinaus werden Dokumentationen und Verfahren vor und nach der Vertragslaufzeit bereitgestellt.
Mit anderen Worten: Die im Rahmen des Dienstleistungsvertrags zu erreichenden Ziele sind im Voraus festgelegt und nicht verhandelbar. Die internationalen Protokolle für die Überprüfung sind eindeutig, denn alle Schritte sind standardisiert, und es gibt Vertragsvorlagen. Außerdem sind diese Informationen öffentlich zugänglich, sodass die Dienstleistungsunternehmen ihre Risiken kennen und die Wohnungsbaugesellschaften Vertrauen in die Vereinbarung haben.
Kristina Eisfeld: Können Energiedienstleister (EDL) aus Ihrer Sicht dazu beitragen, die Renovierungsrate in Gebäuden von Wohnungseigentümergemeinschaften zu erhöhen?
EDL verfügen über umfangreiche Erfahrungen mit einer systematischen und strukturierten Arbeitsweise. Sie sind für die von ihnen erzielten Einsparungen rechenschaftspflichtig.
Allerdings zögern sie derzeit, ihr Geschäftsmodell zu ändern, da es sich auf technische Lösungen konzentriert, die die Unternehmen selber erbringen können, und die Komplexität einer dEEp-Renovierung vermeidet – das ist rentabler. Außerdem vermeiden EDL es, Schwierigkeiten beim Abschluss von Geschäften mit Wohnungseigentümern zu bekommen, die kostspielig sein können und schließen daher die meisten Verträge mit Behörden oder Industriekunden ab.
Wir behaupten, dass die Dienstleistungen, die im BEEf-Modell enthalten sind und als EPC+ bezeichnet werden (eine vollständige Sanierung inkl. Dienstleistungen für die Wartung und Instandsetzung in den nächsten 30 Jahre) aufgrund der Replikation und des Umfangs langfristig eine kostengünstigere und rentablere Lösung darstellt.
Deshalb spreche ich in den vorhergehenden Fragen auch nicht von EDL, sondern von Dienstleistungsunternehmen. Kleine und mittlere Unternehmen könnten in diesen Markt eintreten, das BEEF-Modell schafft ein strukturiertes Umfeld. Ihr technisches Können und ihre Projektmanagementfähigkeiten wären ihre wesentliche Voraussetzung. Sie bräuchten kein großes Unternehmen, das ihnen das gesamte zusätzlich benötigte Know-how, vor allem in finanzieller und rechtlicher Hinsicht, zur Verfügung stellt – ein natürliches Hindernis für den heutigen Markteintritt.
Kristina Eisfeld: Wie werden energetische Sanierungen in der EU aussehen? Haben Sie Empfehlungen für Marktakteure aus den Bereichen Finanzierung, Gebäudemanagement und Energiedienstleister?
Die Zukunft ist jetzt. Die Europäische Kommission gibt an, dass Europa eine Renovierungsrate von 1 % hat. Diese Rate ist jedoch irreführend, da die tiefgreifenden Renovierungen weniger als 0,25 % pro Jahr betragen.
Wir brauchen Sanierungsraten von mindestens 3 %. Wir müssen über tiefgreifende Nachrüstungen sprechen, die aus Energieeffizienz-Einsparungen mit Amortisationszeiten von 25-30 Jahren finanziert werden. Ein nachvollziehbares Paket langfristiger Vorschriften würde die wichtigsten Herausforderungen und Hindernisse beseitigen.
Die politischen Empfehlungen sind wichtig, aber wir müssen negative Verhaltensmuster überwinden.
Wir brauchen ein paar Vorreiter, die diesen Wandel in Gang setzen. Auf diese Weise kann ich mir ein klimaneutrales, klimaresistentes europäisches Wohnungswesen vorstellen.
Kristina Eisfeld: Welche Rolle spielt Funding for Future im BEEF-Konzept?
Die Mission von Funding for Future ist es, der Klimakrise zu begegnen: CO2-Reduzierung und das soziale Problem: Wohnungsmangel. Das eine fügt sich nahtlos in das andere ein. Daher möchte ich mit dem BEEF-Konzept eine praktikable Lösung schaffen, die Wohnungseigentümergemeinschaften dabei unterstützt, einfacher energetisch zu sanieren.
Außerdem möchte ich dazu lernen, meine Erfahrungen mit anderen Projekten teilen und dafür Sorge tragen, dass das BEEF Modell auch in noch mehr Ländern repliziert wird. Deshalb sind wir Teil des GREEN-Home-Teams.
Das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 ist ehrgeizig und kann ohne Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) nicht erreicht werden. Die Sanierungsrate von Mehrfamilienhäusern im Besitz von WEG liegt deutlich unter dem nationalen Durchschnitt, und im Hinblick auf die Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) ist eine Verschärfung der Energieeffizienzanforderungen durch den Gesetzgeber und ein zunehmender Handlungsdruck auf WEGs zu erwarten.
Im April und Mai 2022 wurde im Rahmen der deutschlandweiten GREEN Home-Onlinebefragung mit WEG-Verwaltungen und Wohnungseigentümergemeinschaften die Perspektiven von Wohnungseigentümerinnen und WEG-Verwaltungen zum Status quo der Sanierung von Mehrfamilienhäusern in Deutschland erhoben. Ziel der beiden Umfragen war es, die Investitionsmotive der Bürgerinnen zur Förderung von energetischen Sanierungen und die Hemmnisse, die für den Sanierungsstau verantwortlich sind, zu ermitteln. Die Analyse stützt sich auf die Antworten von 63 Eigentümer*innen und 78 Immobilienverwaltenden. Zusätzlich hat das Forschungsteam weitere aktuelle Studien ausgewertet, um die Analyse zu bereichern.
Gebäudebestand – schlecht wahrgenommen
Die Umfrage ergab, dass die Altersverteilung der WEG-Gebäude fast identisch mit der Altersverteilung des gesamten Wohngebäudebestands in Deutschland ist (BBSR 2014). 60% der Gebäude wurden vor 1979 gebaut und bieten somit hohe Energieeinsparpotenziale, da sie vor der ersten Wärmeschutzverordnung (WSchV 1977) errichtet wurden. Die Sanierungsrate in den Wohngebäuden ist deutlich unterdurchschnittlich, und die Gesamtsanierungsrate von 1% in Deutschland liegt weit unter dem, was notwendig ist, um bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen (Galvin 2014). Laut der GREEN Home Umfrage wurden in den letzten fünf Jahren nur in 31% der Gebäude Sanierungsarbeiten durchgeführt.
Handlungsdruck, Bewusstsein und Bereitschaft zu investieren
Mehr als 90% der Teilnehmenden aus beiden Zielgruppen sehen in den kommenden Jahren strengere gesetzliche Sanierungsanforderungen. Die Mehrheit der Eigentümer*innen (90%) setzt sich aktiv dafür ein, dass anstelle von einfachen Reparaturen eine energetische Sanierung durchgeführt wird, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll ist. Vor allem die gestiegenen Energiepreise motivieren die Eigentümer*innen, umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Über 90% der Hauseigentümer*innen sind bereit, mehr Geld in energetische Maßnahmen zu investieren. Nur 10% der Eigentümer*innen wollen dies nicht tun.
Die Finanzierungslücke – oft das erste wahrgenommene Hindernis
Die wahrgenommenen Gründe für mangelnde Investitionen von Hausbesitzern in Renovierungen sind hauptsächlich finanzieller Natur. In anderen Umfragen wurden lange Amortisationszeiten von Energieeffizienzmaßnahmen, Kosten, die die finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer*innen übersteigen, und fehlender Zugang zu Kapital als Haupthindernisse für Wohnungseigentümer*innen bei der Renovierung genannt (BBSR 2014). Die GREEN Home-Umfrage fügt dieser Liste der am häufigsten gesehenen Hindernisse fehlende Informationen über den Renovierungsbedarf des Gebäudes und die gesetzlichen Anforderungen (66% Zustimmung) sowie eine fehlende Renovierungs- und Werterhaltungsplanung (52% Zustimmung) hinzu.
Motive und Hemmnisse – Perspektive des Immobilienverwalters
Für die Immobilienverwaltenden ist das Haupthindernis die fehlende Wirtschaftlichkeit, da die übliche Finanzierungsdauer von zehn Jahren zu kurz ist (68%). Es ist dringend notwendig, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen: 68% bezweifeln die Sinnhaftigkeit der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen und 62% geben an, dass die Instandhaltungsrücklagen von WEG in der Regel zu gering sind. Im Allgemeinen sind sich die Immobilienverwaltenden jedoch einig, dass Klimaschutz für die Gebäudebewirtschaftung relevant ist (92,5%) (VDIV Weiterbildungsumfrage 2021). 42% der WEG beklagten, dass ihre WEG-Verwaltung bei ohnehin notwendigen Sanierungen Investitionen in die Energieeffizienz nicht ausreichend berücksichtige. Als Gründe für die mangelnde langfristige Planung von Werterhalt und Sanierungen nannten die WEG-Verwaltungen: hoher Vorbereitungsaufwand (61%), mangelndes Interesse der Wohnungseigentümer (78%), geringe Personalkapazität (50%), zu geringe Vergütung (50%).
Motive und Barrieren – Perspektive der Hauseigentümer
Während die Finanzierung ein großes Problem für Wohnungseigentümer*innen zu sein scheint, sehen sie auch die finanziellen Vorteile von Renovierungen. 90% stimmen zu, dass steigende Energiekosten ein Motiv für umfassende Renovierungen sind. Der dauerhafte Werterhalt ist ein weiterer Grund (84%), gefolgt davon, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und der Inanspruchnahme umfangreicher Förderungen, denen jeweils 82% der Eigentümer*innen zustimmen.
Die Informationslücke – Ist sie der Schlüssel?
Es stellt sich die Frage, welche Informationen und Finanzierungsinstrumente Eigentümer*innen und Verwaltende benötigen, um sich für eine Renovierung zu entscheiden. Die Umfrage hat gezeigt, dass Informationsmaterialien über Fördermittel, Finanzierungsmöglichkeiten, gesetzliche Vorgaben, Kosteneinsparungen und geeignete Sanierungsmaßnahmen für verschiedene Gebäudetypen benötigt werden.
Wie kann die Lücke geschlossen werden?
Vor allem Sanierungsfahrpläne wurden als dringend benötigte, aber noch nicht etablierte Entscheidungshilfen identifiziert. In der Umfrage stimmten 95% der Eigentümer*innen zu, dass Sanierungsfahrpläne ein Instrument zur Berechnung von kurz-, mittel- und langfristigen Investitionen sein könnten. Sie schaffen Transparenz darüber, welche Maßnahmen notwendig sind und sollen ein ganzheitliches Bild des Sanierungsbedarfs vermitteln (93% Zustimmung). Weitere wichtige Faktoren sind:
Entscheidend ist, dass WEG-Verwaltungen das Thema frühzeitig in der Eigentümerversammlung platzieren, denn laut 87% der Eigentümer*innen wird das Thema erst dann diskutiert, wenn akuter Handlungsbedarf besteht. Zu diesem Zeitpunkt bleibt oft nicht mehr genügend Zeit, um eine umfassende Renovierung zu erwägen und zu planen.
Zurück zur Finanzierungslücke
Wie die Analyse der Hemmnisse gezeigt hat, sind für eine umfassende Gebäudesanierung neben Informationen vor allem geeignete Finanzierungsinstrumente erforderlich. Instandhaltungsrücklagen spielen bei Renovierungen in WEG die wichtigste Rolle (67% der Renovierungen), was darauf hindeutet, wie wichtig es ist, die Rücklagen zu erhöhen. Andere typische Finanzierungsquellen sind Sonderumlagen (33%), WEG-Darlehen (5%) und Förderungen (9%).
Die Mehrheit (60%) der Eigentümer*innen ist bereit, ein langfristiges Darlehen über 10 bis 15 Jahre für umfassende Renovierungsarbeiten aufzunehmen, wenn die Darlehenskosten durch die Energieeinsparungen gedeckt sind. 20% sind unentschlossen, und 20% lehnen die Aufnahme eines Kredits ab.
Wie wäre es mit „Lösungen aus einer Hand“?
Die Verwaltenden (97%) sehen den Nutzen von „Lösungen aus einer Hand“ (z. B. in Form von Energy Performance Contracts), welche Finanzierung, Förderung, Planung, Umsetzung und kontinuierliche Wartung umfassen. Staatliche Beihilfen und Subventionen werden von den Verwaltenden als unzureichend angesehen. 71% sind der Meinung, dass bessere Förderungen die Sanierungstätigkeit erhöhen würden. Im Durchschnitt wird das Antragsverfahren für die derzeitigen Fördermittel eher schlecht (32,5%), als gut (13%) bewertet.
Klimaneutralität kann nur gemeinsam gelingen
WEG-Verwaltungen spielen eine Schlüsselrolle, wenn sie WEG über die Notwendigkeit von Renovierungen aufklären, um den Wert ihrer Immobilien zu erhalten. Deshalb wissen sie, woran es mangelt und wo ein Bedarf besteht: Die Entwicklung von Finanzierungskonzepten (51%), Beratungsangeboten (91%) und Online-Informationsplattformen (88%) sowie regionale Informations-/Beratungsstellen (90%) erhielten die höchste Zustimmung bei WEG-Verwaltungen. Regionale Anlaufstellen, die als One-Stop-Shops fungieren, können von Verwaltungen und WEG genutzt werden. Sie bieten energetische Sanierungen „aus einer Hand“ an, d.h. sie unterstützen bei der Beratung, der Auswahl von Optionen und geeigneten Finanzierungsinstrumenten sowie der Projektumsetzung. Bundesweite Informationsstellen wurden dagegen als „nicht sinnvoll“ eingestuft. Sowohl für Eigentümer*innen als auch für Verwaltenden ist die Nutzung ihrer persönlichen und beruflichen Netzwerke, abgesehen von Websites von Interessengruppen und Verbraucherschutzverbänden, die wichtigste Informationsquelle zum Thema Gebäudesanierung.
Welche Informationen sind für die gemeinsame Entscheidungsfindung von WEG relevant?
Die notwendige Mehrheit in Eigentümerversammlungen zu erzielen, ist eine besondere Hürde, insbesondere wenn alle Wohnungseigentümer*innen die Kosten der energetischen Sanierungsmaßnahmen tragen müssen. Nur gut informierte Eigentümer*innen sind bereit, das notwendige Kapital zu investieren. Dazu sind verschiedene Arten von Informationen für die gemeinsame Entscheidungsfindung in den WEG notwendig: Am häufigsten genannt wurden Informationen über Fördermittel, die im Verhältnis zu den Kosten in €/m2 und den prognostizierten Energieeinsparungen in € pro Monat eingesetzt werden können.
Vor allem Informationen über Förderungen/ Subventionen werden als besonders wichtig erachtet (98%). Zu den drei am häufigsten genannten Informationen gehören auch der aktuelle gesetzliche Mindeststandard für Wohngebäude (91%) und die transparente Darstellung der Kosteneinsparungen pro Wohneinheit (m2) bei Sanierungen (90%).
Weitere Informationen
Projektbericht: Umfrageergebnisse
Quellen
BBSR [Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung] (2014): Investitionsprozesse bei Wohnungseigentümergemeinschaften mit besonderer Berücksichtigung energetischer und altersgerechter Sanierungen. Bonn: BBSR. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/Sonderveroeffentlichugen/2014/In-vestitionsprozesse.html?nn=445354.
Eisfeld, Kristina (2022): Woran liegt’s? Eine GREEN Home- Befragung von Eigentümergemeinschaften und Verwaltungen ermittelt Hürden für energetische Sanierungen. VDIVaktuell 05-22.
Galvin, Ray (2014): Warum deutsche Hausbesitzer vor der Nachrüstung zurückschrecken. In: Bauforschung & Information 42 (4), S. 398-408. https://doi.org/10.1080/09613218.2014.882738
Pfeffing, J. (2021): Welches Know-how ist gefragt? Das ergab die diesjährige Umfrage des VDIV Deutschland zum Bildungsbedarf der WEG-Verwaltungen VDIVaktuell 8/21. Online verfügbar unter https://www.archiv.ddivaktuell.de/blog/welches-know-how-ist-gefragt-das-ergab-die-diesjaehrige-umfrage-des-vdiv-deutschland-zum-bildungsbedarf-der-weg-verwaltungen, zuletzt geprüft am 30.06.2022.
Hier finden Sie die Projektbroschüre von GREEN Home und die GREEN Home Projektzusammenfassung.
Das Eigenheim zu sanieren ist ein aufwändiges, anstrengendes und teures Unterfangen, das Alltag und Routine der Bewohner für längere Zeit umschmeißt. Vor allem dieser Eindruck herrscht vor, wenn sich Eigentümer*innen mit dem Thema befassen, wie sie Energie einsparen und ihr Eigentum zeitgemäß instand setzen können. Das führt nicht selten dazu, dass notwendige Entscheidungen aufgeschoben oder das Vorhaben gänzlich verworfen wird. Hinzu kommen Vorbehalte, weil es verschiedenste technische und bürokratische Voraussetzungen zu verstehen und zu beachten gilt.
Ungleich komplizierter wird die Situation, wenn mehrere Eigentümer*innen in Wohnungseigentümergemeinschaften eine Entscheidung für eine Sanierung ihres Gebäudes oder Wohnkomplexes treffen wollen. Dann kommen viele unterschiedliche Perspektiven, wirtschaftliche Situationen und persönliche Umstände zusammen, und diese zu konsolidieren ist eine mitunter schwer lösbare Aufgabe. WEG haben zumeist eine Verwaltung an ihrer Seite, die die Interessen und Bedarfe der Eigentümer*innen koordiniert und betreut. In Bezug auf Sanierungen kommt der Verwaltung dann eine besondere Rolle und Verantwortung zu, denn ihr Überblick, ihre Vernetztheit und Kompetenzen haben maßgeblichen Einfluss darauf, ob und welche Sanierungsentscheidungen die WEG trifft.
Erhebungen und Erfahrungen aus verschiedenen EU-Ländern in den letzten Jahren legen nahe: Eigentümer*innen – ob sie Einzeleigentum besitzen oder in einer WEG organisiert sind – fällt es leichter, sich mit dem Thema der Sanierung zu beschäftigen und eine Entscheidung für ein solches Vorhaben zu treffen, wenn sie eine qualifizierte Anlaufstelle für ihre Fragen und ihren Klärungsbedarf haben. Dabei geht es nicht nur darum, Expertise und Beratung einholen zu können. Vielmehr braucht es einen fachlich versierten Kümmerer, der alle Aspekte und Schritte des Sanierungsprozesses genau kennt und steuert, der Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten identifiziert und dem Eigentümer*innen oder der WEG die Belastungen durch Bürokratie, Papierkram, technische und rechtliche Details abnimmt. Im Falle von WEG nimmt er auch der Verwaltung eine große Bürde ab und kann ihre Kapazitäten wesentlich und gezielt ergänzen.
Nicht nur im Sanierungssektor, auch in anderen Wirtschaftsbereichen wie in der Telekommunikation bilden sich seit einiger Zeit Unternehmen und Strukturen am Markt, die als solche neutralen, professionellen Kümmerer fungieren – sogenannte One-Stop-Shops. Im Grunde soll mit diesem Begriff vor allem eines umschrieben werden: Hier gibt es alle Antworten rund um die Sanierung gebündelt aus einer Hand. One-Stop-Shops dienen als zentrale Kompetenzzentren, als Anlaufstelle für Sanierungswillige. Ein One-Stop-Shop-Unternehmen übernimmt – auch unter Hinzuziehung der erforderlichen Fachexperten – eine Bedarfsanalyse, entwickelt die technische und organisatorische Sanierungsplanung, schreibt die Sanierungsarbeiten aus und koordiniert Gewerke und Firmen auf der Baustelle. Es kümmert sich um die finanziellen Details und bindet Fördermöglichkeiten für die Eigentümer*innen und beauftragten Verwaltungen ein. Es unterstützt die WEG Schritt-für-Schritt bei der praktischen Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen.
Solche One-Stop-Shops werden deshalb immer wichtiger, weil sie den Sanierungsprozess für Eigentümer*innen und Verwalter erheblich erleichtern und Hemmnisse gezielt adressieren. Für die meisten Eigentümer*innen und WEG wird die umfassende Sanierung ihres Gebäudes eine Unternehmung sein, die sie nur einmal im Leben durchführen. Gerade deshalb sollten sie sich eine Expertise in Sachen Bauingenieurswesen oder technischen Sachverstand nicht selbst aneignen müssen – zumal der Großteil von Eigentümer*innen einen anderen beruflichen Hintergrund und keine Kapazitäten haben wird, zusätzlich noch die komplexe Materie „Sanierung“ zu durchdringen. Auch für eine WEG-Verwaltung wäre das eine große Herausforderung, die die meisten Verwaltungen nicht zusätzlich zu den sonstigen Aufgaben stemmen können.
Es ist unbedingt notwendig, in Sachen Gebäudesanierung weitreichend tätig(er) zu werden: Auf den Gebäudebereich entfallen gut 40 Prozent der Treibhausgasemissionen und die fortschreitende Erderwärmung zwingt uns insbesondere in diesem Sektor zum Handeln. Nicht nur in Deutschland sind die Sanierungsraten mit einem jährlichen Durchschnitt von deutlich unter zwei Prozent viel zu niedrig. Im Wohneigentum finden nochmals signifikant weniger Sanierungen statt. Vor dem Hintergrund der europäischen und internationalen Anstrengungen, die Erderwärmung einzudämmen und das Klima zu schützen, kommen künftig verpflichtende Vorgaben für Sanierungen auch von Privatwohngebäuden hinzu, die ein Handeln seitens der Wohneigentümer*innen und der WEG-Verwaltungen schon kurzfristig und zügig erforderlich machen werden.
Eine steigende Zahl von One-Stop-Shops für Gebäudesanierung (insbesondere im Wohneigentum) und eine zunehmende Bekanntheit des Geschäftsansatzes haben das Potenzial, zum game changer zu werden: Sie können Nachahmer auf Anbieter- und Kundenseite animieren, Sanierungsaktivitäten signifikant und messbar steigern und somit die Dekarbonisierung des Wohngebäudebestands beschleunigen. Sowohl auf Seiten der Europäischen Kommission als auch bei Wissenschaft und Wirtschaft erhält der Ansatz von One-Stop-Shops zunehmend Zuspruch und Unterstützung. Die Bildung und Verbreitung von One-Stop-Shops rückt somit auch auf die Agenda von Förderprogrammen, von denen einige wie Horizon 2020 oder Interreg die Integration oder Umsetzung des Ansatzes bereits als vorteilhaft für eine Förderung und für erfolgreiche Projekte wie ProRetro (https://proretro.eu/de/) nennen.
In den kommenden GREEN HOME Newslettern schauen wir gemeinsam über den Tellerrand und stellen Praxisbeispiele für die Umsetzung von Sanierungen und die Steigerung von Sanierungsquoten im Wohneigentum vor: One-Stop-Shops machen den Anfang für die Reihe über sogenannten „Good Practices“ aus verschiedenen europäischen Ländern.
IWO e.V.
Gemeinsam den schlafenden Riesen erwecken!
Am Mittwoch, den 16. März hat die konstituierende Sitzung des Beirats unseres von der EU-Kommission geförderten Kooperationsprojektes GREEN Home stattgefunden.
Ziel des Beirats ist es, Expertise zu bündeln, den Dialog zwischen Expert*innen aus verschiedenen Stakeholdergruppen zu fördern und dadurch sicherzustellen, dass das Projekt GREEN Home genau dort ansetzt, wo Verwalter*innen und WEG ihre Bedarfe sehen für die erfolgreiche Umsetzung von energetischen Sanierungen im WEG-Gebäudebestand.
Deshalb sind wir sehr glücklich und dankbar darüber, dass sich im Beirat von GREEN Home über 30 Expert*innen einbringen, die langjährige Erfahrung und Expertise in den Bereichen (1) Finanzen, Zugang zu Förderprogrammen und Finanzierung, (2) Kommunikation und Prozessunterstützung, (3) Gesetzgebung und Regulierung sowie (4) Bauen, Wohnen, Technik & Energieeffizienz mitbringen.
Die gemeinsame Motivation des Beirates ist das Ziel des klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2045 – und alle sind sich einig: Nur wenn alle relevanten Akteure an einem Strang ziehen, kann es gelingen, den schlafenden Riesen zu erwecken.
Das soll durch die Entwicklung innovativer und anwendungsfreundlicher Finanzierungs- und Geschäftsmodelle gelingen, das auf die Bedürfnisse der WEG zugeschnitten sind.
Dafür wurde während des Online-Events in sehr produktiver Atmosphäre der Grundstein gelegt. Ob Finanzierer*innen, WEG und Verwaltende, Energieberatungs- und Energiedienstleistungsunternehmen oder Policy Maker – alle sind sich einig: Die Zeit zum Handeln ist jetzt. Entsprechend groß sind Motivation und Bereitschaft des Expertengremiums zum gezielten Austausch und zur gemeinsamen Erarbeitung von Handlungsoptionen für die energetische Sanierung von Wohnungseigentümergemeinschaften.
Nach dem erfolgreichen Auftakttreffen arbeiten wir nun auf den nächsten großen Termin hin: GREEN Home auf den Berliner Energietagen am 6. Mai vorzustellen und dabei an diesen Austausch anzuschließen. Wir nehmen den Input der Teilnehmenden der Beiratssitzung auf und werden ihn direkt in die Präsentation vor dem Fachpublikum einbinden.
Wie Rüdiger Lohse, Projektleiter der DENEFF e.V., bemerkt hat: Energieeffizienz ist wichtiger denn je, packen wir es gemeinsam an!
DENEFF e.V.